Informationen für Eltern

Die Partizipatorische Eingewöhnung ihres Kindes

Liebe Eltern,

die Ein­ge­wöh­nung stellt Sie als Fami­lie vor eini­ge Her­aus­for­de­run­gen. Jeder von Ihnen erlebt die­se auf­re­gen­de Zeit mit unter­schied­li­chen Gefüh­len, Erwar­tun­gen und Bedürf­nis­sen. Bis jetzt haben haupt­säch­lich Sie als Eltern für das Wohl Ihres Kin­des gesorgt, und vie­le ver­trau­te Momen­te haben die­se inten­si­ve Zeit geprägt: von der Schwan­ger­schaft, bis zur Geburt Ihres Kin­des und die ers­te Zeit danach, in der es dar­um ging, sich als Fami­lie ken­nen­zu­ler­nen und in die neue Rol­le als Mut­ter oder Vater hin­ein­zu­fin­den. Dies haben Sie geschafft!

Jetzt ste­hen Sie vor dem nächs­ten gro­ßen Schritt: die Ein­ge­wöh­nung Ihres Kin­des in eine außer­fa­mi­liä­re Betreu­ung. Nach einer inten­si­ven gemein­sa­men Zeit wer­den nun auch ande­re Men­schen eine wich­ti­ge Rol­le im Leben Ihres Kin­des spie­len, auch wenn Sie wei­ter­hin die Haupt­be­zugs­per­son für Ihr Kind blei­ben wer­den. Allen Betei­lig­ten in der Betreu­ungs­ein­rich­tung ist bewusst, dass die­se Zeit für Sie als Eltern mit ambi­va­len­ten Gefüh­len ver­bun­den sein kann. Auch Sie als Eltern benö­ti­gen eine pro­fes­sio­nel­le, empa­thi­sche Beglei­tung wäh­rend der Ein­ge­wöh­nung, um Sicher­heit und Ver­trau­en zur päd­ago­gi­schen Fach­kraft Ihres Kin­des auf­bau­en zu können.

Das Par­ti­zi­pa­to­ri­sche Ein­ge­wöh­nungs­mo­dell bie­tet Ihnen und Ihrem Kind einen Raum, in dem Sie mit Ihren Bedürf­nis­sen und Wün­schen gese­hen, gehört und aktiv ein­ge­bun­den wer­den. Die fol­gen­de detail­lier­te Erläu­te­rung möch­te Ihnen so vie­le Fra­gen wie mög­lich beant­wor­ten und Ihnen hel­fen, sich in die­sem Pro­zess wohl und sicher zu füh­len. Wen­den Sie sich mit Ihren even­tu­ell noch offe­nen Fra­gen jeder­zeit an die päd­ago­gi­sche Fach­kraft, die Sie wäh­rend des Ein­ge­wöh­nungs­pro­zes­ses beglei­ten wird.

Warum müssen Kinder eingewöhnt werden?

In der ers­ten Zeit mit Ihrem Kind haben Sie als Eltern haupt­säch­lich allein für die Bedürf­nis­se Ihres Kin­des gesorgt. Ihr Kind kennt Ihre fami­liä­ren Struk­tu­ren daher sehr gut und als Fami­lie sind Sie ein ein­ge­spiel­tes Team. In der Betreu­ungs­ein­rich­tung begeg­net Ihr Kind neu­en All­tags­struk­tu­ren und Räum­lich­kei­ten, die zu neu­en span­nen­den Erfah­run­gen ein­la­den. Es lernt neue Men­schen ken­nen, die nun auch sei­ne all­täg­li­chen Bedürf­nis­se stil­len wer­den; sei es das Beglei­ten von Mahl­zei­ten, das Wickeln oder das Schla­fen­le­gen. Ihr Kind wird täg­lich ande­ren Kin­dern und Erwach­se­nen begeg­nen. Jedes Kind erlebt in sei­ner eige­nen Fami­lie indi­vi­du­el­le Ritua­le und Umgangs­wei­sen mit All­tags­mo­men­ten, die dazu kul­tur­spe­zi­fisch sein kön­nen. Auch die Ein­rich­tung hat ihre ganz eige­nen Ritua­le, die für das Kind viel­leicht neu sind. Es geht um ein gegen­sei­ti­ges Ken­nen­ler­nen in die­ser Zeit: Die päd­ago­gi­schen Fach­kräf­te möch­ten Sie als Fami­lie ken­nen­ler­nen und Sie die päd­ago­gi­schen Fach­kräf­te. Ihr Kind wird täg­lich vie­le neue Ein­drü­cke sam­meln. Es wird etwas Zeit benö­ti­gen, um all das Neue ken­nen­zu­ler­nen und ein­ord­nen zu kön­nen und dabei Sicher­heit und Ver­trau­en aufzubauen.

For­schungs­er­geb­nis­se haben gezeigt, dass Kin­der einen sanf­ten Über­gang brau­chen, um die­se Schrit­te gut zu bewäl­ti­gen. Es wur­de auch deut­lich, dass Kin­der bei die­sem Über­gang eine enge Bezugs­per­son als siche­ren Hafen brau­chen, bis sie die neu­en All­tags­struk­tu­ren ver­in­ner­licht und Ver­trau­en zu den neu­en Men­schen auf­baut haben; dies benö­tigt Zeit und geht nicht von heu­te auf mor­gen. Pla­nen Sie vier bis sechs Wochen für eine Par­ti­zi­pa­to­ri­sche Ein­ge­wöh­nung ein, um eine Stress­über­flu­tung bei Ihrem Kind (und viel­leicht auch bei Ihnen selbst) zu ver­mei­den. Aktu­el­le For­schungs­er­geb­nis­se zei­gen, dass jedes Kind eine Ein­ge­wöh­nung benö­tigt, egal ob es sich wäh­rend der Ein­ge­wöh­nung eher anhäng­lich zeigt oder den Anschein macht, Sie gar nicht zu brauchen.

Neh­men Sie sich Zeit für die­sen wich­ti­gen Schritt in der kind­li­chen Ent­wick­lung! Eine zu schnel­le Ein­ge­wöh­nung, in der das Kind kei­ne gute Bezie­hung zur päd­ago­gi­schen Fach­kraft auf­bau­en kann, oder in der die Signa­le des Kin­des oder der Eltern nicht aus­rei­chend wahr­ge­nom­men wer­den, kann hohen Stress für Kin­der aus­lö­sen, der für ihre Ent­wick­lung schäd­lich sein kann. Neh­men Sie sich Zeit für die­se neue Lebens­pha­se, um einen flie­ßen­den Über­gang zu ermöglichen.

Welche Rolle übernehmen Sie als Eltern?

  • sich aktiv am Ein­ge­wöh­nungs­pro­zess betei­li­gen und mitgestalten;
  • sich Ihrem Kind gegen­über wie gewohnt ver­hal­ten und dem­entspre­chend auf die kind­li­chen Signa­le reagieren;
  • für das Kind ein „siche­rer Hafen“ sein;
  • sich selbst als Eltern­teil mit sei­nen Gedan­ken und Gefüh­len ernst neh­men und die­se gern benen­nen; 
  • sich Stück für Stück zurück­zie­hen, um den Bezie­hungs­auf­bau zur päd­ago­gi­schen Fach­kraft zuzulassen.

Die Phasen der Partizipatorischen Eingewöhnung aus Elternsicht

1. Phase: Informieren und die Eingewöhnung vorbereiten

Ler­nen Sie die Betreu­ungs­ein­rich­tung ken­nen! Sie dür­fen gern in der Ein­rich­tung hos­pi­tie­ren, um sich selbst einen ers­ten Ein­druck zu ver­schaf­fen. 

In einem vor­be­rei­ten­den Gespräch dür­fen Sie gern alle Fra­gen stel­len, die Ihnen hin­sicht­lich der Ein­rich­tung, der All­tags­struk­tu­ren, der päd­ago­gi­schen Arbeit und der Ein­ge­wöh­nung wich­tig sind. Dar­über hin­aus erwar­tet Sie ein offe­nes Ohr für Ihre Wün­sche, Erwar­tun­gen und Befürch­tun­gen bezüg­lich der Ein­ge­wöh­nung und der Ein­rich­tung selbst. Im Par­ti­zi­pa­to­ri­schen Ein­ge­wöh­nungs­mo­dell sind eine offe­ne Gesprächs­kul­tur und ein wert­schät­zen­der Umgang mit­ein­an­der Grund­la­ge für den Bezie­hungs­auf­bau. 

Damit Ver­hal­tens­wei­sen Ihres Kin­des und viel­leicht auch von Ihnen wäh­rend der Ein­ge­wöh­nungs­zeit und dar­über hin­aus für die päd­ago­gi­schen Fach­kräf­te bes­ser zu ver­ste­hen sind, ist es sehr hilf­reich, wenn Sie über die Inter­es­sen, Vor­lie­ben und Abnei­gun­gen Ihres Kin­des spre­chen. Dabei kön­nen auch Ein­bli­cke in die Schwan­ger­schaft, die Geburt oder das ers­te Lebens­jahr Ihres Kin­des von Bedeu­tung sein. Sowohl posi­ti­ve Erleb­nis­se wie auch schwie­ri­ge Ereig­nis­se und Beson­der­hei­ten erhal­ten hier ihren Raum. Je mehr die päd­ago­gi­schen Fach­kräf­te an Ihrer Eltern-Kind-Geschich­te teil­ha­ben dür­fen, des­to bes­ser und indi­vi­du­el­ler kön­nen sie auf Sie und Ihr Kind eingehen.

2. Phase: Ankommen in der Einrichtung

Neh­men Sie sich mit Ihrem Kind die Zeit, die Sie benö­ti­gen, um den noch frem­den Ort zu einem ver­trau­ten Ort zu machen. Spre­chen Sie gern jeder­zeit die päd­ago­gi­schen Fach­kräf­te an, wenn Sie Unter­stüt­zung benö­ti­gen. Ein zen­tra­ler Aspekt die­ser Pha­se ist, dass Sie und Ihr Kind alles in Ruhe ken­nen­ler­nen dür­fen und dadurch Sicher­heit gewin­nen. Neh­men Sie sich Zeit, die All­tags­struk­tu­ren und die Men­schen, ins­be­son­de­re den*die Bezugserzieher*in, in der Ein­rich­tung ken­nen­zu­ler­nen. Ihrer Anwe­sen­heit als Eltern­teil wird eine bedeu­ten­de Rol­le zuge­schrie­ben, da Sie als Experte*in für Ihr Kind der Fach­kraft wich­ti­ge Infor­ma­tio­nen geben kön­nen und Ihr Kind Sie als siche­ren Hafen benö­tigt, um die­se neu­en und her­aus­for­dern­den Erleb­nis­se ein­ord­nen und meis­tern zu kön­nen. Ver­trau­en Sie Ihrem Kind, dass es sich die Sicher­heit, die es von Ihnen benö­tigt, holen wird. Ach­ten Sie auf die Signa­le Ihres Kin­des und reagie­ren Sie fein­füh­lig dar­auf. Ihr Kind benö­tigt Sie, um die­sen unbe­kann­ten Ort zu einem ver­trau­ten Ort wer­den zu las­sen. Durch Ihre Anwe­sen­heit wird es sich trau­en, sei­nen natür­li­chen Erkun­dungs­drang aus­zu­le­ben. Eine ver­trau­te fami­liä­re Beglei­tung spielt hier­bei eine wich­ti­ge Rol­le. Dies bedeu­tet auch, dass Sie in der aller­ers­ten Zeit dafür da sind, die Bedürf­nis­se Ihres Kin­des zu stil­len, so wie es dies von zu Hau­se gewohnt ist, z. B. füt­tern, wickeln, trös­ten und mit­ge­hen, um etwas Neu­es ken­nen­zu­ler­nen. Der*Die Bezugserzieher*in wird Sie gern dabei beglei­ten und mit Ihnen stets in einem engen, per­sön­li­chen Aus­tausch ste­hen, aber in die­ser Pha­se sind vor allem Sie Ansprechpartner*in Ihres Kin­des. 

Scheu­en Sie sich nicht davor, Ihre Fra­gen, Gedan­ken und Emp­fin­dun­gen mit­zu­tei­len oder die Pädagog*innen vor Ort zu fra­gen, wenn Sie unsi­cher sind, ob Sie etwas tun dür­fen oder nicht. Grund­sätz­lich gilt: Sie sind ein­ge­la­den, im Tem­po Ihres Kin­des an allen Situa­tio­nen des päd­ago­gi­schen All­tags teil­zu­neh­men. Wenn Sie mer­ken, dass Ihr Kind für bestimm­te Din­ge noch nicht bereit ist, wie z. B. am Mor­gen­kreis teil­zu­neh­men, beob­ach­ten Sie und Ihr Kind das Gan­ze ein­fach aus der Fer­ne; Ihr Kind kann in der Zeit ein­fach wei­ter den Raum erkun­den und in Ihrer Anwe­sen­heit spie­len. Wenn Sie bspw. mer­ken, dass Ihr Kind müde wird, kön­nen Sie dies der päd­ago­gi­schen Fach­kraft mit­tei­len und gemein­sam über­le­gen, ob es sinn­voll ist, den Ein­ge­wöh­nungs­tag an die­ser Stel­le zu been­den. Sor­gen Sie für sich und Ihr Kind. Die 2. Pha­se dau­ert in etwa eine Woche. Da aber jede Ein­ge­wöh­nung indi­vi­du­ell ver­läuft, dient die­se Zeit­an­ga­be ledig­lich der Ori­en­tie­rung. 

Um einen umfas­sen­den Ein­druck vom all­täg­li­chen Ablauf in der Ein­rich­tung zu bekom­men, soll­ten Sie sie zusam­men mit Ihrem Kind zu unter­schied­li­chen Tages­zei­ten besu­chen. Kom­men Sie mor­gens, sodass Sie das Früh­stück und den gemein­sa­men Mor­gen­kreis mit­er­le­ben kön­nen, und kom­men ein ande­res Mal etwas spä­ter, um mit Ihrem Kind das Frei­spiel zu erle­ben. Wenn Sie bereits ers­te Erfah­run­gen gesam­melt haben, kön­nen Sie und Ihr Kind den Über­gang zum Mit­tag­essen und die Vor­be­rei­tung für den Mit­tags­schlaf beglei­ten. Und natür­lich dür­fen Sie auch erst zum Nach­mit­tag kom­men, damit Ihr Kind auch die­se Zeit, wenn alle Kin­der wach wer­den und spä­ter von ihren Eltern abge­holt wer­den, ken­nen­ler­nen kann. Die­se ver­schie­de­nen Situa­tio­nen haut­nah zu erle­ben, hilft Ihnen und Ihrem Kind, ein Gefühl für die täg­li­chen Abläu­fe zu bekom­men und Sicher­heit dar­über zu erlan­gen, was als Nächs­tes kommt. Bespre­chen Sie mit der Sie beglei­ten­den päd­ago­gi­schen Fach­kraft, wann Sie am nächs­ten Tag am bes­ten kom­men soll­ten, sodass sowohl die Bedürf­nis­se Ihres Kin­des als auch die der ande­ren Kin­der gut erfüllt wer­den können.

3. Phase: In Kontakt gehen

Den Über­gang zu die­ser Pha­se wer­den Sie wahr­schein­lich als flie­ßend erle­ben. Kin­der, die sehr offen sind, durch­le­ben die 2. und 3. Pha­se fast zeit­gleich. In der 3. Pha­se wird Ihr Kind immer öfter auf Kon­takt­an­ge­bo­te sei­tens der päd­ago­gi­schen Fach­kraft oder der ande­ren Kin­der ein­ge­hen und gleich­zei­tig Sie als Rück­ver­si­che­rung benö­ti­gen. Die­ses Sicher­heits­be­dürf­nis des Kin­des soll­ten Sie stets stil­len und es in die­ser Pha­se beglei­ten. Wenn Ihr Kind Ihr Wohl­wol­len und Ein­ver­ständ­nis spürt, kann es sich bes­ser auf die neu­en Kon­tak­te ein­las­sen. Es kann auch sein, dass Ihr Kind selbst aktiv Kon­takt­ver­su­che zur päd­ago­gi­schen Fach­kraft oder den ande­ren Kin­dern unter­nimmt. Da jede Ein­ge­wöh­nung indi­vi­du­ell ver­läuft, bedarf es auch einer indi­vi­du­el­len und fle­xi­blen Zeit­pla­nung. Den Erfah­rungs­wer­ten nach fin­det der Über­gang zur 3. Pha­se meist ab Mitte/Ende der ers­ten Ein­ge­wöh­nungs­wo­che statt; er kann aber auch spä­ter erfolgen.

4. Phase: Beziehungen aufbauen

Ihr Kind wird nun ver­mut­lich mehr Kon­takt zur päd­ago­gi­schen Fach­kraft auf­neh­men und offen für deren Kon­takt­an­ge­bo­te sein. Zei­gen Sie Ihrem Kind, dass Sie damit ein­ver­stan­den sind, und bestä­ti­gen Sie es dar­in, die Kon­takt­ver­su­che anzu­neh­men. Falls Sie jedoch dies­be­züg­lich ein ungu­tes Gefühl haben oder mer­ken, dass Ihr Kind kei­nen Kon­takt zur päd­ago­gi­schen Fach­kraft auf­neh­men möch­te, spre­chen Sie sie gern an, damit Unstim­mig­kei­ten geklärt wer­den kön­nen. 

Nun ist es an der Zeit, dass die Fach­kraft Stück für Stück mehr für das Kind zustän­dig wird und nicht mehr nur Spiel­an­ge­bo­te macht, son­dern auch Pfle­ge­auf­ga­ben wie Hän­de­wa­schen, Anzie­hen oder das Beglei­ten beim Essen über­nimmt. Es ist wich­tig, dass Ihr Kind das Tem­po die­ser Schrit­te mit­ge­stal­ten kann. Des­halb ist auch hier ein täg­li­cher Aus­tausch mit der Fach­kraft hin­sicht­lich der Signa­le Ihres Kin­des wich­tig. Geben Sie der päd­ago­gi­schen Fach­kraft gern Hin­wei­se, wie der Bezie­hungs­auf­bau bes­ser gelin­gen kann. Umge­kehrt wird die päd­ago­gi­sche Fach­kraft viel­leicht auch Ihnen Hin­wei­se geben, um Sie in die­sem ers­ten Los­lö­sungs­pro­zess zu unter­stüt­zen und der neu­en Bezie­hung zwi­schen Kind und Pädagog*in Raum zu geben. Meist steht der Bezie­hungs­auf­bau in der zwei­ten Ein­ge­wöh­nungs­wo­che im Fokus; man­che Kin­der begin­nen schon frü­her damit, ande­re brau­chen etwas län­ger dafür. In die­ser Pha­se kön­nen sich auch bio­gra­fi­sche Erfah­run­gen aus der Zeit vor der Ein­ge­wöh­nung zei­gen, wenn es bspw. Ihrem Kind schwer­fällt in Kon­takt zu gehen, oder aber es Ihnen schwer­fällt den Kon­takt zu den päd­ago­gi­schen Fach­kräf­ten gut zuzu­las­sen. Es ist allen bewusst, dass auch bei Ihnen als Eltern in die­ser Zeit Unsi­cher­hei­ten und ambi­va­len­te Gefüh­le aus­ge­löst wer­den kön­nen. Spre­chen Sie über Ihre Gefüh­le; es hilft allen Betei­lig­ten (auch Ihrem Kind) die aktu­el­le Situa­ti­on bes­ser zu ver­ste­hen. Die päd­ago­gi­sche Fach­kraft wird mit Ihnen über­le­gen, wie sol­che Gesprä­che am bes­ten statt­fin­den kön­nen. Eini­ge Fach­kräf­te ver­ein­ba­ren Tele­fon­ge­sprä­che am Nach­mit­tag oder Abend, ande­re ver­ab­re­den sich mit Ihnen für ein Gespräch ohne Kind in der Ein­rich­tung, wenn sich dies ein­rich­ten lässt. Mel­den Sie Gesprächs­be­darf zeit­nah an; vie­les kann sicher auch direkt vor Ort geklärt werden.

Wenn sich die Bezie­hung zum*zur Bezugserzieher*in Stück für Stück auf­bau­en konn­te, wird ein flie­ßen­der Über­gang in die nächs­te Pha­se erfol­gen. Wenn der Pro­zess an die­ser Stel­le stockt, muss zunächst geklärt wer­den, was noch aus dem Weg geräumt wer­den soll­te, damit der Bezie­hungs­auf­bau gelin­gen kann. Am erfolg­ver­spre­chends­ten ist es, wenn sich Pädagog*in und Eltern­teil gemein­sam auf den Weg machen, die Ursa­che zu fin­den und die Betei­lig­ten offen für Selbst­re­fle­xi­on sind.

5. Phase: Sich in der Einrichtung wohlfühlen

Wenn Sie mit Ihrem Kind mor­gens in die Ein­rich­tung kom­men und Sie sehen, dass Ihr Kind freu­dig die Ein­rich­tung betritt, den*die Bezugserzieher*in begrüßt, Blick­kon­takt und viel­leicht sogar schon Kör­per­kon­takt zu ihm*ihr auf­nimmt, sich even­tu­ell bereits auf eine bestimm­te Sache freut und die­se ziel­si­cher ansteu­ert, dann signa­li­siert es Ihnen: „Ich füh­le mich hier wohl.“ In die­ser Pha­se reagiert Ihr Kind nicht nur auf die päd­ago­gi­sche Fach­kraft, son­dern nimmt auch von sich aus immer ein­mal wie­der Kon­takt zu ihr auf, um ihr z. B. etwas zu zei­gen oder mit ihr gemein­sam irgend­wo­hin zu gehen. Ihr Kind hat nun einen guten Kon­takt zum*zur Pädagog*in. Es ori­en­tiert sich auch an den ande­ren Kin­dern und zeigt Inter­es­se an bestimm­ten Kin­dern oder deren Spiel­pro­zes­sen. Ihr Kind schaut in die­ser Pha­se nicht mehr so oft nach Ihnen, wenn es dies in den ers­ten Pha­sen getan hat. Es ist ver­tieft in sein Tun und scheint sich dabei wohl­zu­füh­len. Sie kön­nen sich immer mehr zurück­hal­ten, wäh­rend die Fach­kraft immer mehr für Ihr Kind da ist. Es wird jetzt auch wich­tig, dass Sie der Fach­kraft den Vor­tritt las­sen, um die Bezie­hung zu Ihrem Kind aus­zu­bau­en. Viel­leicht kön­nen Sie sich einen Tee oder Kaf­fee aus der Küche holen – Sie sagen Ihrem Kind natür­lich Bescheid, dass Sie das tun, und schau­en, ob es damit ein­ver­stan­den ist. Es geht hier noch nicht um eine rich­ti­ge Tren­nung, son­dern dar­um, ein Gefühl dafür zu bekom­men, wie sicher sich Ihr Kind in der Grup­pe mit dem*der Bezugserzieher*in fühlt.

6. Phase: Bereit für den Abschied

Wenn Sie den Ein­druck haben, dass die Ein­rich­tung für Sie und Ihr Kind zu einem siche­ren, ver­trau­ten Ort gewor­den ist, wird es Zeit, über die ers­ten Tren­nungs­ver­su­che nachzudenken.

Fol­gen­de Ent­schei­dungs­kri­te­ri­en kön­nen Ihnen hel­fen, dies einzuschätzen:

  • Ihr Kind erkun­det die nähe­re Umwelt auch ohne Sie. Es ver­si­chert sich nicht per­ma­nent durch Bli­cke, Zurück­lau­fen oder Rufen, dass Sie noch da sind.
  • Ihr Kind ver­hält sich in der Kita so, wie Sie es von zu Hau­se gewohnt sind. Es zeigt sei­ne Gefüh­le und bringt sie so zum Aus­druck, wie es dies auch zu Hau­se tut. 
  • Ihr Kind ist in gutem Kon­takt mit der päd­ago­gi­schen Fach­kraft, spielt gern mit ihr, geht mit ihr Hän­de waschen und lässt sich von ihr ver­sor­gen, z. B. beim Mit­tag­essen. 
  • Ihr Kind kom­mu­ni­ziert mit dem*der Bezugserzieher*in und ande­ren Kin­dern: Es benutzt Lau­te, Mimik, Ges­tik oder Spra­che in sozia­len Situa­tio­nen zur Kon­takt­auf­nah­me oder zur Fort­set­zung der Inter­ak­ti­on mit Per­so­nen in der Gruppe.
  • Ihr Kind ver­hält sich respon­siv; das bedeu­tet, es horcht auf, wenn es ange­spro­chen wird, hört zu, wenn mit ihm gespro­chen wird, reagiert auf Akti­vi­tä­ten der päd­ago­gi­schen Fach­kraft, schaut sie an und/oder wen­det den Kopf nach ihr.
  • Ihr Kind zeigt ziel­ge­rich­te­te Akti­vi­tä­ten; es erkun­det oder spielt. Es hat eine gewis­se Aus­dau­er bei eini­gen Akti­vi­tä­ten, inter­es­siert sich für Gegen­stän­de und pro­biert sich aus. Die Augen blei­ben bei der eige­nen Akti­vi­tät und strei­fen nicht suchend umher.
  • Wenn Ihr Kind etwas benö­tigt, lässt es sich auch von dem*der Pädagog*in hel­fen oder es lässt sich trös­ten, wenn es sich erschreckt oder weh­tut. Es gibt Kin­der, die in sol­chen Situa­tio­nen, trotz eines Bezie­hungs­auf­baus zur päd­ago­gi­schen Fach­kraft, wei­ter­hin bevor­zugt die Mama oder den Papa als siche­ren Hafen auf­su­chen, solan­ge die­se in der Nähe sind. Wenn dies bei Ihrem Kind der Fall ist, ist es wich­tig zu beob­ach­ten, ob es dann, wenn Sie als Eltern­teil nicht mehr zur Ver­fü­gung ste­hen, den*die Bezugserzieher*in als siche­ren Hafen akzep­tiert und sich auch von ihm*ihr trös­ten lässt. Meist ist dies der Fall, wenn dem Bezie­hungs­auf­bau genü­gend Auf­merk­sam­keit geschenkt wur­de. 

Wenn Sie meh­re­re die­ser Din­ge beob­ach­ten kön­nen und auch selbst das Gefühl haben, dass Sie so viel Ver­trau­en in die päd­ago­gi­sche Fach­kraft auf­bau­en konn­ten, dass Sie Ihr Kind nun mit einem guten Gefühl bei ihr las­sen kön­nen, kön­nen Sie gemein­sam mit der Fach­kraft über­le­gen, wie Sie den ers­ten kur­zen Tren­nungs­ver­such von ca. 5–10 Minu­ten gestal­ten möchten.

Wenn Sie spü­ren, dass Sie für eine Tren­nung noch nicht bereit sind, ist es wich­tig, dies der päd­ago­gi­schen Fach­kraft mit­zu­tei­len. Reflek­tie­ren Sie auch, wor­an dies lie­gen könn­te. Haben Sie den Ein­druck, dass Ihr Kind noch nicht so weit ist? Oder füh­len Sie sich selbst mit dem Gedan­ken unwohl, Ihr Kind das ers­te Mal „allein“ zu las­sen? Die ers­te Tren­nung soll­te erst dann voll­zo­gen wer­den, wenn sowohl Ihr Kind (durch sein Ver­hal­ten) als auch Sie Ihr Ein­ver­ständ­nis geben. 

Gera­de jetzt sind regel­mä­ßi­ge Gesprä­che über Ihre Gefüh­le, Wün­sche und Sor­gen wich­tig. Die Fach­kraft wird die­se ernst neh­men. Scheu­en Sie sich nicht davor, die­se offen mit­zu­tei­len, auch wenn es Ihnen schwer­fal­len soll­te. 

Soll­ten alle Betei­lig­ten der Tren­nung zustim­men, kann die ers­te Tren­nung für ca. 5–10 Minu­ten statt­fin­den. Sie kön­nen sicher sein, dass die päd­ago­gi­sche Fach­kraft Sie sofort zurück­ru­fen wird, wenn sie merkt, dass es Ihrem Kind mit der Tren­nung nicht gut­ge­hen soll­te. Dies kann sich äußern, indem sich Ihr Kind als nicht zu trös­ten zeigt oder aber sich still zurück­zieht. Wenn Ihr Kind gut mit der Tren­nungs­si­tua­ti­on umge­hen konn­te, kann die­se in den nächs­ten Tagen wie­der­holt wer­den und die Tren­nungs­dau­er Stück für Stück im Tem­po Ihres Kin­des ver­län­gert wer­den. Da Ihr Kind alle Pha­sen aus dem neu­en All­tag der Ein­rich­tung bereits kennt, wird es schon bald den Vor­mit­tag in der Betreu­ungs­ein­rich­tung ver­brin­gen können.

Beob­ach­ten Sie Ihr Kind auch zu Hau­se. Es kann sein, dass Ihr Kind nun zu Hau­se anhäng­li­cher wird und die Nähe zu Ihnen nach­ho­len möch­te, die es wäh­rend der Betreu­ungs­zeit nicht mehr hat. Geben Sie Ihrem Kind die­se Nähe. Man­che Kin­der möch­ten wie­der mehr getra­gen oder gestillt wer­den. Die vie­len neu­en Erfah­run­gen möch­ten erst ver­ar­bei­tet wer­den; viel­leicht bemer­ken Sie dies auch im Schlaf­ver­hal­ten Ihres Kin­des. Spre­chen Sie gern mit dem*der Pädagog*in über Ihre Beob­ach­tun­gen, ins­be­son­de­re wenn die Ver­hal­tens­wei­sen Ihres Kin­des Ihnen Sor­ge berei­ten. Falls Ihr Kind über­for­dert zu sein scheint, ist es wich­tig die Opti­on zu haben, einen Schritt zurück­zu­ge­hen oder den Ein­ge­wöh­nungs­pro­zess zu ver­lang­sa­men. 

Wie können Sie erkennen, ob die Eingewöhnung als gelungen angesehen werden kann?

Sie möch­ten natür­lich sicher sein, dass Ihr Kind nun gut ein­ge­wöhnt ist und Sie beru­higt gehen kön­nen. Beob­ach­ten Sie Ihr Kind. Neh­men Sie das Aus­blei­ben von Wei­nen oder Unmuts­äu­ße­run­gen nicht als allei­ni­ges Kri­te­ri­um für eine gelun­ge­ne Ein­ge­wöh­nung. Man­che Kin­der zei­gen ihr Unwohl­sein auf ande­re Art und Wei­se und lei­den eher still. Fol­gen­de Merk­ma­le kön­nen Ihnen hel­fen zu erken­nen, ob die Ein­ge­wöh­nung Ihres Kin­des gelun­gen ist (Fürstal­ler, Fun­der und Dat­ler 2011): 

  1. „Ein­ge­wöh­nung in die Kin­der­krip­pe kann als gelun­gen ange­se­hen wer­den, wenn Klein­kin­der in den Situa­tio­nen der Tren­nung und des Getrennt­seins von ihren pri­mä­ren Bezugs­per­so­nen nur mehr in gerin­gem Aus­maß mit nega­ti­ven Gefüh­len zu kämp­fen haben und wenn es ihnen zugleich gelingt, den neu­en Erfah­rungs­raum Kin­der­krip­pe als ange­nehm oder gar lust­voll zu erle­ben“ (ebd., S. 24).
  2. „Ein­ge­wöh­nung kann als gelun­gen ange­se­hen wer­den, wenn die Kin­der den Men­schen und Gegen­stän­den, die sie in der Ein­rich­tung vor­fin­den, Inter­es­se ent­ge­gen­brin­gen und damit befasst sind, das, was sie in der Krip­pe vor­fin­den, kon­zen­triert wahr­zu­neh­men, mit­zu­ver­fol­gen, zu ver­ste­hen und explo­rie­rend zu erkun­den“ (ebd., S. 25).
  3. „Ein­ge­wöh­nung kann dann als gelun­gen ange­se­hen wer­den, wenn es Klein­kin­dern gelingt, mit ande­ren Kin­dern und Erwach­se­nen in dyna­mi­sche sozia­le Aus­tausch­pro­zes­se zu tre­ten“ (ebd.).

7. Phase: Die Einrichtung wird zum Alltag

Wenn Sie und die Fach­kraft beob­ach­ten kön­nen, dass sich Ihr Kind aktiv am All­tags- und Spiel­ge­sche­hen betei­ligt, die Ver­ab­schie­dung har­mo­nisch ver­läuft und es sich sicht­lich wohl­fühlt, dann kön­nen die Zei­ten nach und nach aus­ge­baut wer­den, in denen Ihr Kind in der Ein­rich­tung ver­bleibt. Auch jetzt steht die päd­ago­gi­sche Fach­kraft in einem engen per­sön­li­chen Aus­tausch mit Ihnen und bespricht die Ein­zel­hei­ten, damit Sie Ihr Kind mit einem guten Gefühl für die ver­ein­bar­te Zeit in der Ein­rich­tung las­sen kön­nen.